Branchenübergreifend wird der Vorstoss zur Einführung von KI, zur Umstellung auf die Cloud oder zur Modernisierung der Infrastruktur oft von technischen Trends und nicht von der Geschäftsstrategie geleitet. Das Ergebnis? Endlose Pilotprojekte, Anbieterbindung, ausufernde Budgets und kaum messbare Auswirkungen.
Christian Scholz, VP Cloud Business bei Arvato Systems und leitender Architekt von Google Wallet, hat einen anderen Ansatz. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Leitung komplexer Transformationen ist sein Rat klar: Beginne mit dem Geschäftsziel, und wähle dann die Technologie, die dir hilft, es zu erreichen.
In diesem Artikel wird erläutert, warum die Technologie dem Geschäft folgen muss, was schiefgeht, wenn dies nicht der Fall ist, und wie Führungskräfte von der Trendjagd zur strategieorientierten Umsetzung übergehen können.
Cloud, KI, Compliance: Alles Tools. Keine Strategie.
Viele Unternehmen behandeln Cloud und KI als Allheilmittel. Sobald Schlagworte wie "Cloud-first" oder "KI-Transformation" in der Chefetage fallen, werden die technischen Teams aufgefordert, schnell zu handeln. Doch diese Dringlichkeit entbehrt oft einer Grundlage.
Wie Christian es ausdrückt:
"Die Cloud ist nur ein weiteres Rechenzentrum. Sie ist keine Strategie."
Diese Aussage durchbricht den Lärm. Wenn das Unternehmen nicht weiss, was es in den nächsten drei bis fünf Jahren erreichen will, sind alle Investitionen in die Technologie verfrüht. Sie werden zu einem Proof of Concept ohne Konzept.
Eine klare Geschäftsausrichtung ist die Grundlage. Alles andere - Datenarchitektur, Compliance-Tools, Skalierbarkeit - dient nur dazu.
Die wahren Kosten des Rückwärtsgehens
Wenn Technologieentscheidungen der Geschäftsstrategie vorauseilen, kommt es häufig zu einer Reihe von Problemen:
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Die Teams verlieren den Fokus auf die Ergebnisse und jagen nach Funktionen.
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Budgets werden für "Innovationen" ausgegeben, die nichts bewirken.
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Die Transformation wird zu einer Abfolge von Experimenten ohne klaren Nutzen.
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Die Führungskräfte fühlen sich unter Druck gesetzt, schnell zu handeln, können aber nicht erklären, warum.
Christian erzählte, dass selbst grosse Unternehmen wie Microsoft und OpenAI immer noch viel Geld ausgeben, um Dienstleistungen in Einnahmen zu verwandeln. "Alle haben mit dem Aufbau von KI-Piloten begonnen. Aber die meisten von ihnen liefern noch keinen Wert".
Die Schlussfolgerung? Der Hype-Zyklus erzeugt Druck. Aber darauf zu reagieren, ohne strategische Klarheit zu haben, erhöht nur die Komplexität.
Beginne mit einer Vision: Ein Nordstern, dem Teams folgen können
Christian ist der Meinung, dass die eigentliche Arbeit mit einer klaren Vision beginnt - und diese sollte etwas sein, das emotional anspricht, aber auf Zahlen basiert. Nicht nur "auf dem KI-Markt wachsen", sondern etwas wie: "Innerhalb von fünf Jahren einer der drei grössten Cloud-Anbieter im deutschen Microsoft-Ökosystem werden".
Diese Art von Vision bewirkt drei Dinge:
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Sie verankert die Entscheidungsfindung in messbaren Zielen.
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Sie schafft ein gemeinsames Ziel für alle Teams.
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Sie filtert Ablenkungen durch Trends, die nicht der Mission dienen.
Sie ermöglicht auch eine bessere Kommunikation. Wie Christian sagte,
"Wenn dein Polarstern nicht auf eine Folie passt, wird dein Team ihm nicht folgen".
Eine Vision allein ist nicht genug: Kenne dein Risiko
Ein klares Ziel muss mit einer Risikosicht gepaart sein. Christians Test ist einfach: "Wenn dein Budget bei 5 Millionen liegt und das Risiko bei 4, beginne nicht."
Er glaubt nicht an abstrakte Risikoregister. Risiken müssen greifbar und messbar sein. In der Regel in Form von Geld, Menschen und Zeit. Wenn man die 3 bis 5 grössten Risiken kennt, kann man entscheiden, ob die Vision realistisch ist, welche Unterstützung benötigt wird und wo man gegebenenfalls umschwenken muss.
Viele Führungskräfte unterschätzen diesen Schritt. Sie geben grünes Licht für Projekte, ohne sich über die Kompromisse im Klaren zu sein, und sind überrascht, wenn die Dinge ins Stocken geraten. Das Risiko zu kennen, ist kein Angstdenken. Es ist strategischer Realismus.
So sieht das in der Praxis aus
Als Christian bei Arvato Systems ein Cloud-Geschäft aufbaute, hatte er eine klare Vision: Er wollte ein führender Microsoft-Partner in Deutschland werden. Doch der Weg dorthin war schwierig.
Er stiess intern auf Widerstand ("Cloud ist teurer"), verlor Angebote und musste sich die Unterstützung Schritt für Schritt verdienen. Was sie auf dem Weg hielt, war nicht die Technologie - es war der Glaube an die Richtung.
"Man muss die Leidenschaft beibehalten. Man muss den Fokus beibehalten. Und Schritt für Schritt werden die Menschen um dich herum daran glauben."
Dieser Wechsel - von Tools zu Vertrauen, von Schnelligkeit zu Strategie - ist es, der die Transformation nachhaltig macht.
Führen mit dem Geschäftswert im Hinterkopf
Wie können Führungskräfte in der Technik also von reaktiv auf strategisch umstellen?
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Verlangsame, bevor du beschleunigst. Widerstehe dem Druck, jeden neuen Techniktrend zu übernehmen. Frage dich: Welches Problem lösen wir?
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Definiere eine Vision, die kühn, klar und messbar ist. Sie sollte sich sinnvoll anfühlen, aber trotzdem auf eine Folie passen.
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Schätze deine Risiken konkret ein. Wenn sie zu hoch sind, um sie zu verkraften, warte oder plane um.
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Vertraue deinen Mitarbeitern, dass sie sich die Mission zu eigen machen. Die Strategie ist kein Dokument. Sie ist das, woran deine Teams glauben und danach handeln.
Letzter Gedanke: Es ist nicht Anti-Tech. Es ist Pro-Business.
Es geht nicht darum, sich gegen Technologie zu wehren. Es geht um eine kluge, bewusste Auswahl.
Wenn die IT dem Geschäft folgt, werden die richtigen Tools zur richtigen Zeit eingesetzt. Sie skalieren, was wichtig ist. Sie lösen die richtigen Probleme. Und sie schaffen Wettbewerbsvorteile, anstatt technische Schulden zu machen.
Wie Christian sagt:
"Technologie ohne Strategie ist nur ein teures Experiment".
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